Rechtsprechung

JustitiaGericht: Landsgericht Dortmund
Aktenzeichen: 1 S 198/11
Entscheidung: Beschluss vom 08.07.2011

Zur Pflicht des Mieters, den Vermieter über die Umstände einer kürzlichen Entlassung aus der Sicherungsverwahrung zu informieren.

Stichwörter:

Mietrecht, Wohnraummietverhältnis, Anfechtung des Mietvertrages, arglistige Täuschung des Vermieters, Sicherungsverwahrung, Räumungsklage.



Mieter muss über Sicherungsverwahrung informieren!


Die Anfechtung eines Mietvertrages durch den Vermieter ist wirksam und der Mieter zur Räumung der Wohnung verpflichtet, wenn der Mieter den Vermieter nicht hinreichend darüber aufklärt, dass er aus der Sicherungsverwahrung aufgrund der Entscheidungen des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (EGMR) entlassen worden ist. Dies geht aus einem Beschluss des Landgerichts Dortmund vom 08.07.2011 hervor, über den in der Presse umfangreich berichtet wurde.

Der Fall: Der Vermieter (Kläger) hatte den Mieter (Beklagten) auf Räumung der von ihm angemieteten Wohnung in Dortmund-Aplerbeck verklagt. Bei Abschluss des Mietvertrages hatte der Beklagte den Vermieter nicht darüber informiert, dass er sich bis Ende des Jahres 2010 in der Sicherungsverwahrung befand. Er war lediglich aufgrund der aktuellen Entscheidungen des Europäischen Gerichtshofes über die Unrechtmäßigkeit der nachträglichen Anordnung der Sicherungsverwahrung entlassen worden.

Die Entscheidung: Das Landgericht Dortmund stellte sich auf den Standpunkt, dass ein Mieter nach seiner Entlassung aus der Sicherungsverwahrung den Vermieter in bestimmten Fällen über seine "Vorgeschichte" aufklären muss. Die Auskunftspflicht gelte allerdings nur für diejenigen, die nicht resozialisiert und gegen die massive Auflagen gerichtlich angeordnet worden seien. Verschweigt der Mieter diese Auflagen, kann der Vermieter den Vertrag anfechten und den Mieter zur Wohnungsräumung verpflichten. Grundsätzlich sei ein Mietinteressent zwar nicht dazu verpflichtet, Auskunft über etwaige Vorstrafen zu geben, jedoch würden im vorliegenden Fall andere Kriterien gelten, da der Mieter allein in Folge der Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte entlassen worden sei. Er sei dadurch nicht resozialisiert und müsse sich deshalb an strenge Auflagen halten. Dieser Umstand sei für die Willensbildung eines Vermieters mit Blick auf den Abschluss des Mietvertrages durchaus von ausschlaggebender Bedeutung, denn immerhin könnten Bürgerproteste und die öffentliche Berichterstattung negative Auswirkungen auf das Wohnumfeld der übrigen Mieter haben. Nach alledem müsse der Vermieter hier berechtigt sein, den Mietvertrag wegen arglistiger Täuschung anzufechten.

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